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COMPETENCE
Ausgabe 01/17
SPECTRUM 5
IM DICKICHT
DER DIGITALISIERUNG
Daten gelten als einer der wichtigsten Rohstoffe des
21. Jahrhunderts. Sie stehen immer umfangreicher
und immer schneller zur Verfügung. Dem muss
sich auch das Recht stellen.
oogle Maps ersetzt die Stra
ßenkarte aus Papier, Apps
liefern personalisierte Fahr
planinformationen, Menü
angebote von Restaurants
finden sich auf Facebook und die neuesten
Nachrichten auf
„read.it“oder Twitter. Digitale
Informationen dringen heute in immer größe
rem Umfang in unsere Lebensbereiche vor.
Digitale Medien prägen die soziale Kommuni
kation. Gleichzeitig wachsen die Datenmen
gen, die zu verarbeiten sind. Die Welt des
„Homodigitalis“fordertauchdasRechtswesen
heraus. Denn: „Es entstehen einfache Fragen
wie: Wem gehören die Informationen, die hier
produziert werden? Wer kontrolliert, was pro
duziert wird? Wer haftet dafür, wenn etwas
schiefgeht?“, sagt der Rechtswissenschafter
Nikolaus Forgó.
KOMPETENT REAGIEREN
Recht kann in der Regel auf Neues nur reagie
ren. Es kommt ins Spiel, wenn sich technische
und soziale Auswirkungen bereits zeigen.
„Das erzeugt aber insbesondere in der digi
talen Welt große Probleme“, meint der Leiter
des Universitätslehrgangs „Informations- und
Medienrecht“. So habe die Rechtsordnung
etwa viel zu lange machtlos zugesehen, wie
die NutzerInnen von digitalen Inhalten das
Urheberrecht ignorierten. Aufgrund der ra
santen Digitalisierung von Lebensbereichen
und deren Globalisierung nehme die Steue
rungskraft von Recht weiter ab.
Gleichzeitig stellt die zunehmend vernetzte
Welt auch vorherrschende Grenzen im Rechts
wesen in Frage; eine Unterscheidung in Urhe
ber-, Datenschutz-, Telekommunikations- und
Medienrecht hat in Folge keinen Sinn mehr.
Denn: Was unterscheidet z.B. einen Facebook-
Auftritt des ORF als öffentlich-rechtlicher
Sender von einem Facebook-Auftritt eines
ORF-Journalisten? Medienrechtliche Fragen
beinhalten plötzlich auch datenschutz- und
urheberrechtliche Aspekte.
Um auf derartige Herausforderungen reagie
ren zu können, „benötigen JuristInnen ver
netzte Kompetenzen“. Forgó versteht darun
ter IT- und Medienkompetenz, gepaart mit
einer juristischen Kompetenz, „die es ver
steht, auf neue Erscheinungen der digitalen
Welt zu reagieren“.
Nur weil etwa die Smartphone-App Pokemón
Go entsteht, stellt sich laut Forgó nicht gleich
eine neue Rechtsfrage. Doch wie man ganz
allgemein mit der Zuordnung von virtuellen
Realitäten in der realen Welt umgeht, sei sehr
wohl ein interessanter Aspekt. Rechtliche Fra
gen in der Art dürften angesichts der großen
Pokemón-Go-Anhängerschaft, die zur Jagd
nach Monstern in den öffentlichen Raum
strömt, in Zukunft an Brisanz gewinnen.
G
SPEZIALISIERUNG IM TREND
Dass eine Spezialisierung auf das Informa
tions- und Medienrecht immer wichtiger wird,
zeigt zuletzt auch die hohe Anzahl von Geset
zesnovellierungen in diesem Bereich: Eine
neue EU-Datenschutz-Verordnung haben die
Mitgliedsstaaten erst im Juni 2016 veröffent
licht und die nächste EU-Urheberrechtsnovelle
ist bereits in Bearbeitung. Eine Novellierung
des Rechtsrahmens der elektronischen Kom
munikation steht an. Im Zuge von elektro
nischen Verträgen oder dem elektronischen
Versand von amtlichen Schriftstücken etwa
stellen sich aber selbst im Zivil- oder Straf
recht immer mehr spannende und aktuelle
informationsrechtliche Fragen – und damit
auch in jenen Bereichen, so Forgó, „die nach
knochentrockener Materie aus dem 19. Jahr
hundert aussehen“.
Die wachsende Bedeutung und die
zunehmende Digitalisierung von
Informationen in den verschiedenen
Lebensbereichen fordern Kompetenzen
im Informations- und Medienrecht.
Der postgraduale Universitätslehrgang
„Informations- und Medienrecht“
(LL.M.) reagiert auf diese aktuellen
Herausforderungen und bietet
JuristInnen die Möglichkeit zur
Spezialisierung am Schnittpunkt von
Recht und neuen Entwicklungen im
Medienbereich. Die Weiterbildung kann
berufsbegleitend in zwei Semestern
absolviert werden.
VERNETZTE
RECHTSFRAGEN
Die zunehmend
vernetzte Welt
stellt auch
vorherrschende
Grenzen im
Rechtswesen
in Frage.
Nikolaus Forgó