uniMind|Workshop

"Altern im Wandel städtischer Sozialräume"

Ao. Univ.-Prof. Dr. Franz Kolland
Institut für Soziologie, Universität Wien

Ass. Prof. Dr. Rosa Diketmüller
Institut für Sportwissenschaft, Universität Wien

» Die Vortragsunterlagen als Download

Die heutige Stadt steht vor großen demografischen Veränderungen: die generationelle Vielfalt wächst und mit ihr die Zahl älterer Menschen in urbanen Zentren. Im dritten uniMind-Workshop warfen die TeilnehmerInnen einen kritischen Blick auf den "Sozialraum Stadt" und erarbeiteten differenzierte Strategien für eine altersfreundliche Stadt der Zukunft.

Die Heterogenität des Alterns

Am 20 Mai 2015 trafen rund 35 WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen unterschiedlicher beruflicher Kontexte zusammen und diskutierten wie gutes Altern in der Stadt aussehen kann. Um auf die Vielzahl von Altersbilder in der Gesellschaft aufmerksam zu machen, lud Franz Kolland, Professor für Soziologie an der Universität Wien, einleitend zum Erfahrungsaustausch: Wie wird Altern(n) in Wien wahrgenommen? Wo wird Alter sichtbar und wie zeigt es sich?

Rasch wurde deutlich: die Bilder alter Menschen in der Stadt sind höchst divers. Einigkeit herrschte, dass sich „die Alten“ verändert haben und sich deutlich von der vorangegangenen Generation unterscheiden. Sie sind aktiver, sichtbarer, unterschiedlicher. Von einer homogenen Gruppe lässt sich kaum sprechen, das Bild junggebliebener, aktiver SeniorInnen steht in deutlichem Kontrast zu der Wahrnehmung von alten hilfsbedürftigen Menschen, die in der Mitte der Gesellschaft keinen Platz finden.

Wem gehört die Stadt?

Um die Integration von alten Menschen zu gewährleisten, spielt Mobilität und Aktivität eine große Rolle. Mit zunehmendem Alter gewinnt die unmittelbare Umgebung an Bedeutung und die Infrastruktur wird zum entscheidenden Integrationsfaktor. „Die meisten Menschen erleben im Alter einen räumlichen Bruch und territorialen Rückzug in den eigenen Nahraum“, so der Alternsforscher Kolland. Doch öffentliche Räume sind immer auch Räume des Konflikts und so müsse man sich fragen: Wem kommen Infrastrukturmaßen zugute? Wen hat die Verwaltung im Blick, wenn es um Fragen der Stadtplanung und Gestaltung öffentlicher Räume geht?

Entwicklungswerkstatt "Agefriendly City"

Um darauf Antworten zu finden, schlossen sich die TeilnehmerInnen in Kleingruppen zusammen und diskutierten die Frage: „Was können Verwaltung, Planung, Dienstleister, Versorger und Unternehmen im öffentlichen Nahraum für und mit Älteren tun?“ Ideen wurden ausgetauscht, Wünsche formuliert, Ängste und Ärgernisse besprochen und gemeinsam Utopien eines intergenerationellen Miteinanders gesponnen.

Begegnungsräume für Jung und Alt, Tandem- und Mehrgenerationenhäuser könnten der Isolation, Einsamkeit und Abschottung im Alter (häufig Resultat einer gut gemeinten Zielgruppenorientierung) entgegenwirken. Kleinteilige und individualisierte Unterstützungsangebote wie beispielsweise Altersstreetworker, Beratungsangebote in der unmittelbaren Umgebung und integrative Freizeitangebote könnten älteren Menschen dabei unterstützen, möglichst lange und eigenständig in den eigenen vier Wänden zu leben. Von der Wirtschaft erwarteten sich die TeilnehmerInnen, ältere Menschen als Ressource wahrzunehmen und Unternehmensstrukturen an die Bedürfnisse älterer MitarbeiterInnen anzupassen. Als entscheidender Brennpunkt kristallisierte sich die Infrastruktur heraus: technische Innovationen dürfen nicht zum Ausschlussfaktor für ältere Menschen werden, Nahversorger sind nicht nur wichtige Dienstleister, sondern Orte der Begegnung und bauliche Maßnahmen wie etwa die Untertunnelung großer Verkehrsstraßen kämen nicht nur Älteren, sondern allen FußgängerInnen und RadfahrerInnen zugute, um nur einige Ansätze zu nennen.

Am Beispiel der Wiener Generationenparks verdeutlichte die Sportwissenschaftlerin Rosa Diketmüller, wie die Themen Bewegung, Gesundheitsprävention und Stadtplanung zusammenhängen, machte jedoch zugleich deutlich wie sensibel und umsichtig Planungsprozesse gestaltet werden muss, damit Angebote auch angenommen werden.

Und was können Ältere tun? Sichtbar sein, auf Angebote reagieren und ihre Bedürfnisse artikulieren, so der einhellige Tenor. Wir brauchen einen neue Kultur des Alterns, schließen die beiden WorkshopleiterInnen.