uniMind|Lecture

"Ressourcenoptimierung durch Mathematik"

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Hermann Schichl
Institut für Mathematik, Universität Wien  

Im Rahmen der zweiten uniMind Lecture des aktuellen Projektjahres präsentierte Hermann Schichl am 7. März 2017 spannende Einblicke in seine Forschungstätigkeiten im Bereich der "Globalen Optimierung"

Die Vortragsunterlagen zum downloaden

Hermann Schichl begann seinen Vortrag mit einer grundlegenden Definition des Begriffs Ressource. Was bedeutet überhaupt "Ressource"? Was kennzeichnet eine solche und was sind Beispiele für Ressourcen? Schnell wird klar, dass eine Ressource eine Quelle bzw. ein Mittel ist, um damit etwas zu tätigen bzw. einen Vorgang ablaufen zu lassen. Die Verfügbarkeit, der Preis und der Verbrauch bestimmen laut Schichl das Wesen einer Ressource und limitieren diese. Insbesondere die Ressourcen "Raum" und "Zeit" sind sogenannte limitierende Ressourcen. Ebendiese gilt es mithilfe mathematischer Modelle zu optimieren.

Wozu kann Optimierung dienen?

Am Beispiel des Transports von Kanonenkugeln entwickelte Johannes Keppler Anfang des 17. Jahrhunderts die Vermutung, dass eine kubisch flächenzentrierte und eine hexagonale Packung den wenigsten Platz benötigen und dadurch die Ressource Raum bestmöglich optimiert wird. Die Ressource Zeit spielt insbesondere im militärischen Bereich eine Rolle. Wie bekommt man eine bestimmte Menge an Material oder Soldaten am schnellsten von A nach B? George Danzig entwickelte für die US Air Force gegen Ende des zweiten Weltkriegs den sogenannten Simplex-Algorithmus. Das Problem bestand allerdings darin, dass die Berechnungen zur optimalen Planung für den menschlichen Verstand schlichtweg zu komplex waren. Erst mit der Entwicklung des ersten Computers, dem "Eniac" wurde es möglich, komplexe Planungsprobleme in vernünftiger Zeit zu lösen. Denn die Zeit, die zur Berechnung benötigt wird, steigt exponentiell zur Größe des Problems an. Das bedeutet, dass die Rechenzeit sehr schnell ansteigt: Denn während beispielsweise 50 hoch 2 noch überschaubar ist, ergibt 2 hoch 50 eine so hohe Zahl, dass es illusorisch ist, auf das Ende der Berechnung zu warten.

"Oh it’s a bug!"

Hermann Schichl begleitete seine Ausführungen sehr zur Freude des Publikums mit zahlreichen Anekdoten aus der Welt der Informatik. Das heute gängige Wort "bug", als Bezeichnung für einen Softwarefehler, resultierte beispielsweise aus der einer Funktionsstörung des "Eniac". Eine Motte (engl. bug) hatte sich in einer der Röhren verirrt und blockierte den Datenfluss. Interessant ist auch die Tatsache, dass vor der Computerrevolution vor allem Frauen – zumeist zusammengepfercht in dunklen Kellerräumen – die überaus komplexen Rechnungen durchführten, da sie damals noch von der Erwerbstätigkeit ausgeschlossen waren.

Von der lokalen zur globalen Optimierung

In der Mathematik werden in erster Linie Modelle verwendet, um die "Wirklichkeit" abzubilden bzw. um die  Komplexität von Prozessen greifbar zu machen und darzustellen. Modelle beinhalten in der Regel Variablen, Parameter und Mengen, die in Funktionen oder Relationen zueinander in Beziehung gesetzt werden. Ob bei einer bestimmen Problemlage ein lokales oder globales Optimierungsverfahren angewendet wird, hängt von verschieden Faktoren ab:

  • Wie genau muss ich das Ergebnis wissen?
  • Reicht es, besser als die Konkurrenz zu sein?
  • Ist genug Zeit, um die Lösung zu berechnen?
  • Ist die Frage sicherheitsrelevant?
  • Soll ein mathematischer Beweis erbracht werden?

Globale Optimierungsverfahren suchen nach dem höchstmöglichen und optimalen Ergebnis, wohingegen lokale Verfahren sich mit der Beschreibung beliebiger Punkte begnügen. Als anschauliches Beispiel verwendete Hermann Schichl den Himalaya. Lokale Optimierungsverfahren suchen und benennen lokale Optima, also alle Berggipfel im Himalaya, globale Verfahren suchen nach dem höchsten Punkt, dem Mount Everest, als globales Optimum.

Anwendbarkeit globaler Optimierungsverfahren

Die Anwendbarkeit mathematischer Algorithmen, um den Ressourcenverbrauch zu optimieren, ist nahezu grenzenlos. Da allerdings Optimierungsprobleme in der Regel oft riesig sind, versuchen die MathematikerInnen rund um Hermann Schichl mithilfe eines sogenannten Dekompositionsverfahrens, diese in kleine Teilprobleme zu zerlegen und für jedes Stück den passenden Lösungsalgorithmus anzuwenden. Auf diese Weise verringert sich der Rechenaufwand und in weiterer Folge die Rechenzeit. Typisch sind sogenannte "Packungsprobleme", also das Ausstanzen oder Ausschneiden von Teilen aus einem Rohling, das Beladen von LKWs und Zügen oder der Herstellungsprozess mehradriger Kabel. Weitere Anwendungsbereiche finden sich in der Herstellung von Beton, der Zucht von Pflanzen und Tieren, im Finanzwesen und in der Raumfahrt.

Im Anschluss an den Vortrag war das Publikum eingeladen gemeinsam mit Hermann Schichl den Abend bei Snacks und Getränken ausklingen zu lassen und sich zu vernetzen.