Digitale Beratung trifft Hochschule

Alte Kapelle am Campus der Universität Wien, Montag, 11. September 2017, 10.00–12.00 Uhr

Wie gestaltet sich Bildungs- und Studien(wahl)beratung im Zeitalter der Digitalisierung? Welche Online-Tools werden in der Beratung bereits eingesetzt, welche Vorteile und Herausforderungen ergeben sich beim Einsatz digitaler Beratung? Diese Fragen wurden am 11. September 2017 von Bildungs- und StudienberaterInnen am Campus der Universität Wien diskutiert. Die TeilnehmerInnen konnten unterschiedliche Angebote digital unterstützter Bildungsberatung gleich vor Ort kennenlernen.

Katharina Resch, Head of Lifelong Learning and Corporate Programs des Postgraduate Center der Universität Wien, führte in die Veranstaltung ein. Sie skizzierte, dass die Digitalisierung von Beratungsangeboten auch für Hochschulen und Universitäten einen logischen Schritt darstellt – einerseits aus Kosten- und Effizienzgründen, andererseits ermöglichen digitale Technologien bessere Aufbereitung von Information für Studieninteressierte und Studierende und Unterstützung von Bildungsinteressierten. Wie gestalten sich Online-Angebote der Bildungsberatung prinzipiell und speziell bei der Studienberatung an Hochschulen?

Digitale Technologien in der Bildungsberatung

Franziska Haydn, ÖSB Studien & Beratung, gab einen Einblick in aktuelle Entwicklungen in der Online-Bildungsberatung. Dabei fokussierte sie die Initiative Bildungsberatung Österreich, eine bundesweite, anbieterneutrale Bildungsberatung für Erwachsene. Sie zeigte auf, dass im Jahr 2015 75% der Kontakte als Face-to-Face-Beratungen beschrieben werden konnten, während 23% als so genannte „Distance“-Beratung geführt wurden (Telefonberatung, schriftliche Formate und Online-Beratung). Im Jahr 2015 umfasste „Distance“-Beratung 23.775 Beratungskontakte, wobei die überwiegende Mehrheit davon, nämlich 82%, telefonisch erfolgte, 15% per Post oder E-Mail und nur 3% online.

Was ist unter digitaler Beratung zu verstehen? Digitale Beratung kann schriftbasiert erfolgen und asynchron, d. h. per Mail, oder synchron, in der Form von Chatberatung. Sie kann ton- bzw. videobasiert sein, etwa bei Internet- oder Videotelefonie, Webinaren und Videokonferenzen. Schließlich gibt es auch die Möglichkeit schriftbasierte und ton-/videobasierte Beratung zu mischen, wie beim Videochat.

Für eine zunehmende Orientierung an digitalen Beratungsangeboten sprechen laut Haydn, dass die überwiegende Mehrheit der österreichischen Haushalte über Internetzugang verfügt, sowie die Veränderungen im Kommunikationsverhalten. Zunehmend mehr Webzugriffe erfolgen über mobile Endgeräte und NutzerInnen sind immer häufiger online. Digitale Technologien in der Beratung ermöglichen zeitliche und örtliche Unabhängigkeit, die Ansprache neuer Zielgruppen und bedeuten einen geringeren Aufwand für Ratsuchende.

Digitale Beratung kann Face-to-Face-Beratung dabei ersetzen oder unterstützen, d. h. als „Blended Counselling“ stattfinden, eine Mischform digitaler und nicht-online-stattfindender Beratung. Digitale Technologien in der Beratung können zusätzlich für Öffentlichkeitsarbeit von Beratungseinrichtungen eingesetzt werden, zur Darstellung von Information im Web (in Blogs, auf Karriereportalen oder in sozialen Netzwerken). Sie eignen sich aber auch für das Wissensmanagement von BeraterInnen und Ratsuchenden gleichermaßen, indem Online-Ressourcen in die Beratung integriert werden können.

Aktuelle Herausforderungen im Bereich der Studienberatung

Roland Steinacher, Leiter der DLE Studien- und Lehrwesen, und Agnes Raschauer, Postgraduate Center, beide Universität Wien, schlugen mit ihrem Vortrag die Brücke zu den Hochschulen. Sie widmeten sich der Frage, mit welchen Herausforderungen Studienberatung aktuell konfrontiert ist und welche Bedeutung digitalen Technologien in diesem Zusammenhang zukommt.

Studienberatung umfasst viele Aktivitäten, von der Informationsweitergabe über administrative Prozessbegleitung bis hin zur psychologischen Beratung von Studierenden und der Bearbeitung von Problemstellungen wie Prüfungsangst oder persönlichen Problemen. Roland Steinacher präzisiert die Aufgaben, die der Universität bei Studienentscheidungen zukommen: Neben der Informationsvermittlung beinhaltet Studienberatung die Hilfe zur Selbsthilfe und die Unterstützung bei der Entscheidungsfindung durch das Aufzeigen von Optionen. Gleichzeitig geht es um kontinuierliche Beratung, um die Begleitung und Reflexion von Entscheidungen. Schließlich aber ist die Beratung an Hochschulen auch auf die Rekrutierung und Werbung von neuen Studierenden gerichtet. Insofern unterscheiden sich die Zielstellungen und Beratungsanforderungen je nach Themenfeld, zu dem beraten wird, wie etwa Studienwahl, Karrieremöglichkeiten oder Weiterbildungsangebot etc.

Zu den zentralen Herausforderungen für StudienberaterInnen gehört die zunehmende Unübersichtlichkeit von Studienangeboten und das Aufbereiten und Vermitteln von Information – etwa hinsichtlich Zulassungsbedingungen, Studienrecht oder Fristen. Gleichzeitig sind die Anfragen, mit denen StudienberaterInnen konfrontiert sind, sehr unterschiedlich. Die Anliegen von Ratsuchenden liegen in vielen Fällen quer zu der Struktur der angebotenen Services – gerade Einrichtungen, die primär auf Informationsvermittlung ausgerichtet sind, finden sich in dem Dilemma, Unsicherheitsmanagement oder emotionale Unterstützung leisten zu müssen, für den ihre BeraterInnen oft keine Kapazitäten haben.

Was kann Digitalisierung im Rahmen von Studienberatung leisten? Einerseits ermöglicht sie Orts-/Zeitungebundenheit, andererseits bietet sie neue Möglichkeiten für die Aufbereitung und Verknüpfung von Information. An der Universität Wien werden auch Online-Self-Assessments angeboten, damit Studierende ihr Interesse mit den Studienangeboten abgleichen können. Allerdings ist dies bislang nur inskribierten Studierenden möglich. Prinzipiell ist bei der Entwicklung digitaler Studienberatungsangebote Personaleinsatz gegenüber Ertrag abzuwiegen. Angebote im Bereich Social Media oder Instant Messaging bieten zwar gute Möglichkeiten für die direkte Kommunikation mit InteressentInnen, gleichzeitig muss hinterfragt werden, wie diese Kanäle betreut werden. Wie schnell kann auf ein Posting mit unzutreffender Information reagiert werden? Was sind die Vorteile gegenüber Informationen, die auf Webseiten zur Verfügung gestellt werden können?

World-Café

Im letzten Teil der Veranstaltung konnten die TeilnehmerInnen an fünf Stationen digitale Beratungsangebote ausprobieren und sich mit den EntwicklerInnen austauschen. Folgende Angebote wurden vorgestellt:

  • Mag.a Barbara Oberwasserlechner: Online Bildungsberatung Österreich
  • Mag.a Anita Stix: Skype-Beratung, abz*austria
  • Natalie Harder: UNIspotter – finde das perfekte Studium
  • Theresa Pieber, BA, MA: FH Wiener Neustadt App, Fachhochschule Wiener Neustadt
  • Agnes Raschauer, MA: iYOT-App

Die Diskussionen an diesen Stationen reichten von Fragen der Qualitätssicherung und des Datenschutzes über die Frage, welche Zielgruppen welche Technologie nutzen, bis hin zum Umgang mit der Fehleranfälligkeit von technischen Systemen.

Die lebhaften Diskussionen wurden zum Abschluss der Veranstaltung am Buffet fortgesetzt, wobei die TeilnehmerInnen auch die Chance zu Vernetzung und weiterem Austausch wahrnahmen.

Die Veranstaltung fand im Rahmen des Erasmus+ geförderten Projekts „iYOT – In Your Own Time“ statt, das sich mit Möglichkeiten digitalisierter Beratung für Weiterbildungsstudierende auseinandergesetzt hat.