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Ausgabe 01/17

COMPETENCE

09

FOCUS

Foto: UniversitätWien; Illustration: Daniel Spreitzer

Ulrike Felt (Jahrgang 1957) studierte theo-

retische Physik und begann ihre Karriere

am europäischen Kernforschungszentrum

CERN in Genf. Seit 1999 ist sie Professorin

für Wissenscha s- und Technikforschung

am gleichnamigen Institut und derzeit

Dekanin der Fakultät für Sozialwissen-

scha en der Universität Wien. Ihre

Expertise setzt sie zudem im Bereich der

nationalen und europäischen Politik-

beratung ein.

WISSENSCHAFT

ERFORSCHEN

nicht das eigene Wissen nur neu und verein-

facht zu verpacken, sondern sich in andere

Denkwelten hineinzuversetzen, Fragen „der

anderen Seite“ als Perspektivenwechsel auf das

eigene Wissensobjekt zu verstehen und damit

auch anders über das eigene nachdenken

zu können. Ungewöhnliche Austauschbezie-

hungen sind dann nicht zusätzlich aufge-

wendete Zeit, sondern Momente, das eigene

Denken neu zu ordnen und dadurch vielleicht

neue Perspektiven zu ermöglichen.

EINLADUNG ZUM LEBEN IN EINER

EXPERIMENTELLEN GESELLSCHAFT

Wir leben in einer Gesellschaft mit einer

hohen Bereitschaft, rasch neues Wissen und

Innovationen in unsere Denkmuster und

Lebensformen einzubauen und diese damit

auch nachhaltig zu verändern. Ergebniso en-

heit ist das Charakteristikum unserer Gesell-

schaft – eine Grundeigenschaft jedes Experi-

ments. Gleichzeitig sind wir zur Einschätzung

gekommen, dass manche Experimente nicht

die erho ten Ergebnisse erbracht haben.

Insbesondere bei Debatten um den Klima-

wandel, bei Fragen der Welternährung, bei

der Umgestaltung von Arbeitswelten u.v.m.

wird deutlich, dass wir unsere Zukunft neu

denken müssen. Es kann also nicht darum ge-

hen, die Beschleunigung der Produktion von

Quasi-Neuem voranzutreiben und damit vor

allem Teilantworten auf bekannte Fragen zu

liefern, sondern neue Perspektiven zu gene-

rieren. Wir müssten eineWissenschaft fördern,

die ungewöhnliche Austauschbeziehungen

eingeht, ebenso wie syntheseorientiertes

Denken, also die Verknüpfung bisher nicht

zusammengedachter Elemente, unterstützt.

Gleichzeitig brauchen wir aber auch eine Wis-

senschaftspolitik, die den Mut hat, sich klar

dazu zu bekennen, dass wir „das Neue“ nicht

planen können und es daher auch kurzfristig

politisch nicht versprechen sollten.