Table of Contents Table of Contents
Previous Page  14 / 52 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 14 / 52 Next Page
Page Background

14

competence

Ausgabe 01/18

cover

as Sprichwort „Wie du mir,

so ich dir“ fasst das Grund­

prinzip der Kooperation gut

zusammen, wie es der

Mensch aus seiner Entwick­

lungsgeschichte mitgebracht hat. In verhal­

tensbiologischen Experimenten mit Men­

schenaffen bewährt sich „tit for tat“ immer

wieder. Im Versuchssetting „Gefangenen­

dilemma“ reagieren Menschen immer gleich:

Wenn du mich nicht in die Pfanne haust, hau’

ich dich auch nicht in die Pfanne. Menschen

wie Affen haben die längste Zeit ihres Erden­

daseins in überschaubaren Gruppen mit ma­

ximal 50 Individuen verbracht. Babys sind

auf Erwachsene angewiesen, um überhaupt

zu überleben. Wir sollten es also beherr­

schen, uns andere Menschen gewogen zu

machen. Großartige Voraussetzungen für

das Zusammenarbeiten. Wenn nicht parallel

ein zweites Prinzip in allen Primaten wirksam

wäre: die Lust am Wettbewerb und die Not­

wendigkeit für Konkurrenz. Schneller sein,

höher springen, besser sein, schlauer sein,

schöner sein – führt uns auch oft zum Ziel.

Altmodisch in der modernen Welt

Thomas Slunecko, Professor am Institut für

Psychologische Grundlagenforschung der

Universität Wien, gibt ein Update: „Wir sind

fundamental auf Kooperation angelegt, aber

nicht auf die Gruppengrößen einer globali­

sierten und digitalisierten Welt vorbereitet.

Der Philosoph Günther Anders nennt das die

‚Antiquiertheit des Menschen’. Wir können

technisch etwas, das wir psychologisch, psy­

chisch und sozial nicht einholen können.“

Heute sind Gruppen, in denen man zusam­

menarbeiten soll, oft groß, divers oder auf

der Welt verstreut. Der moderne Mensch

setzt für das„zusammen tun“ vielfach auf zeit­

unabhängige, fernsteuernde und mittelbare

Kommunikationsformen wie E-Mail, Face­

book-Gruppen oder Trello-Projektpläne. Auf

solche „elektronischen Gestelle“, wie sie der

Kulturpsychologe Thomas Slunecko nennt,

trifft die Beschreibung des Kommunikations­

theoretikers Marshall McLuhans perfekt zu:

Das Medium wird selbst zur Botschaft und

verändert die Regeln, nach denen gespielt

wird, etwa weil Kommunikation schneller

und unpersönlicher wird.

Heute arbeiten oft gemischte Teams ge­

meinsam an einer Fragestellung. Oder noch

brisanter: Sie sollen zusammen ein Problem

lösen. Dass alle Englisch als gemeinsame

Arbeitssprache gut genug beherrschen,

wird quasi vorausgesetzt. Die Deadline ist

meist fixer Bestandteil der Zusammen­

arbeit. Umso schlimmer, wenn man anei­

nander vorbeiredet. Es ist ein Faktum, dass

einen die Ausbildung prägt. Man wird in

seine Disziplin regelrecht hineinsozialisiert.

Und für den Austausch darüber gibt es oft

keinen Raum. Worüber auch selten geredet

wird: Teams schweben nicht im hierarchie-

und machtfreien Raum, auch wenn sie per

Du sind. Im Hintergrund stellt sich die Frage,

D