uniMind|Workshop

"Die Stadt ist kein Museum: Über Veränderungen des städtischen Lebens und deren Gestaltungs(un)möglichkeiten"

Dr. Yvonne Franz
Post Doc am Institut für Geographie und Regionalforschung, Universität Wien

DI Florian Brand
Gebietsbetreuung Stadterneuerung GB*7/8/16

>> Die Vortragsunterlagen zum Download

 

Welche Rahmenbedingungen definieren Transformationsprozesse des urbanen Lebens? Welche Gestaltungsspielräume werden eröffnet, welche AkteurInnen haben Mitgestaltungsmöglichkeiten und wie können diese aussehen? Das waren die zentralen Fragen des zweiten und damit letzten uniMind Workshops des aktuellen Projektjahres am 13. Juni 2017.

Yvonne Franz leitete den Workshop mit einer kurzen Vorstellung der Vortragenden sowie der TeilnehmerInnen ein. JedeR der 26 TeilnehmerInnen war aufgefordert, seinen/ihren Namen und Beruf zu nennen und anzugeben, wann er/sie zuletzt seinen/ihren Stadtteil mitgestaltet und was konkret diese Gestaltung umfasst habe. Die Antworten waren vielfältig: Da gab es den professionellen Musiker, der bei Straßenfestivals musizierte oder die Soziologin, die ein Tanzstudio eröffnete. Eine Architektin erzählte, wie sie den lokalen Bücherschrank nutzt und eine Energieberaterin und Kunststudentin berichtete davon, wie sie mitgeholfen hatte, eine Fußgängerzone zu verbreitern.

Megatrend Urbanisierung

Dieser ersten Annäherung an das Thema folgte ein Input zu „Urbanen Transformationsprozessen“ durch Yvonne Franz. Urbanisierung müsse als globaler Megatrend ernst genommen werden – die Gestaltung dieses Wandels sei eine der wichtigsten Aufgaben der Zukunft. Die Sicherung bzw. Steigerung der Lebensqualität und die Fokussierung der Nachhaltigkeit habe oberste Priorität. Franz sprach auch von der „Krise der Stadtplanung“, die durch das Fehlen eines gesamtstädtischen Leitbilds verursacht worden sei. Dem gefolgt sei der Wandel von „Government“ zu „Governance“. Hierzu erklärte Franz, dass die Stadt immer mehr zur Unternehmerin werde und „Public Private Partnerships“ die Stadtentwicklung dominieren würden. Franz sprach auch über die problematische Entwicklung des Stadtrandwachstums bei gleichzeitigem Verfall des Stadtkerns sowie die Gentrifizierung. Laut Franz gelte es, der Fragmentierung der Gesellschaft soziale Kohäsion auf Nachbarschaftsebene gegenüberzusetzen. Dies könne durch Nachbarschaftszugehörigkeit und Ko-Verantwortlichkeit erreicht werden, unterstützt von baulichen Strukturen wie beispielsweise funktionaler Mix und Kleinräumigkeit.

Partizipation in der Stadtgestaltung

Anschließend sprach Florian Brand über die „Mitgestaltung auf der Stadtteilebene & Co-Kreation“. Er erzählte von der Entwicklung der Gebietsbetreuung in Wien, die sich von einer Mieterhilfe und Haussanierungsidee im Hinterzimmer eines Gasthauses zu einer Institution zur Gestaltung und Betreuung des öffentlichen Raums, zur Schaffung leistbaren Wohnraums sowie zur Steigerung der Partizipation der BürgerInnen an der Gestaltung des öffentlichen Raum gewandelt habe. Er brachte u. a. ein Beispiel aus der Praxis der Gebietsbetreuung, wo durch das Aufstellen alter Straßenbahnsitze eine verbesserte Nutzung einer Parkwiese herbeigeführt werden sollte. Brand schilderte, dass die GB nur negatives Feedback erhalten habe, was gleichzeitig jedoch die „Aktivierung“ der AnrainerInnen gezeigt habe. Er führte damit anschaulich vor Augen, wie erst durch den Dialog mit den BürgerInnen eine passende Lösung gefunden werden konnte. Wichtig seien laut Brand auch Kooperationen mit lokalen Institutionen, langfristige Zusammenarbeit und die Diversität der Projekte, um unterschiedlichste BürgerInnen zu erreichen.

Stadtplanung in New York

Dem folgte ein Vortrag zum Thema „Planen und Mitgestaltung in diversen Stadtteilen“ von Winston von Engel, Architekturprofessor und Stadtplaner aus New York. Er erzählte aus seinen Erfahrungen mit BürgerInnenbeteiligungen bei stadtplanerischen Prozessen in verschiedenen New Yorker Stadteilen. Dabei habe es unterschiedliche Modelle gegeben: Das eine Mal hätten die StadtplanerInnen die aktive Rolle gehabt, das andere Mal die BürgerInnen. Von Engel berichtete von aktiven Protesten von BürgerInnen, die sich jedoch zu einem positiv-partizipativen Prozess gewandelt hätten.

Die Rolle der Zivilgesellschaft: Selbstfinanzierung in kleinerem Rahmen

Raphael Sedlitzky, Mitarbeiter von Yvonne Franz, stellte die Ergebnisse seiner Masterarbeit zum Thema „Civic Crowdfunding: Neue Formen der Co-Finanzierung“ vor. Er beleuchtete die Rolle der Zivilgesellschaft in der Mitgestaltung von Stadtentwicklung und wie jene ihre Interessen und Bedürfnisse eigeninitiativ umsetzen können. Er legte Möglichkeiten und Limitationen von Onlinekampagnen dar und verwies auch auf Kritik, dass diese Art der Finanzierung neoliberalistische Züge aufweisen könne.

Im letzten Teil des Workshops war die Kreativität der TeilnehmerInnen gefragt. Zuvor hatte jedeR eine erwünschte Veränderung im eigenen Wohnumfeld formuliert. In Gruppen bearbeiteten die TeilnehmerInnen dann jeweils ein ausgewähltes Szenario. Dazu zählten etwa die Verkehrsberuhigung des Gürtels, ein Gartenprojekt mit Kindern und ein Projekt zu SeniorInnenmobilität.

Nach der Präsentation der Gruppenarbeiten gab es ein Get-Together am Buffet. Die TeilnehmerInnen nutzten die Gelegenheit, sich weiter mit den WorkshopleiterInnen auszutauschen und untereinander zu vernetzen.