Tag 1, Teil 2 - 05. Mai 2025

Gschliefgraben Gmunden – Risikomanagement eines Erdstroms

Erstellt von Lukas Gradnitzer & Michaela Haibl

Der zweite Programmpunkt unserer Exkursion fand unter der Leitung von Hans Weidinger im Gschliefgraben bei Gmunden statt. Der Gschliefgraben ist seit Jahrhunderten ein Brennpunkt geologischer Prozesse und deren Auswirkungen, historisch verstärkt insbesondere durch massive Abholzung im Zusammenhang mit der Salzgewinnung und kleinbäuerlicher Nutzung.

Diese Kahlschläge in den instabilen Hängen führten immer wieder zu massiven Hangrutschungen. Etwa alle 100 Jahre ereignen sich Großrutschungen, die bis ins Siedlungsgebiet reichen. Das letzte große Ereignis fand 2007/2008 statt, bei dem rund 4 Millionen Kubikmeter Material umgelagert wurden. Von den rund 50 betroffenen Häusern wurden 12 vorsorglich für mehrere Monate evakuiert, bis sich die Lage im August 2008 stabilisierte. Die Absiedlung des Bereichs wurde seit Ende des 19. Jahrhundert mehrfach diskutiert, löst aber das Hauptproblem nicht, da ebenso andere Objekte und Infrastruktur (z.B. für den Holztransport und Tourismus) betroffen sind.

Der Gschliefgraben liegt am Rand der Nördlichen Kalkalpen. Mehrere Erdströme laufen im Graben zusammen. Besonders kritisch ist der sogenannte "Flaschenhals" rund 500 m unterhalb des Bereichs, an dem mehrere Rutschungen zusammentreffen. Die wichtigste Maßnahme zur Stabilisierung war die Entwässerung des Hanges über offene Gerinne, ergänzt durch steinschalenartige Wasserableitungen, die Oberflächenwasser in den See ableiten, sowie eine massive Aufforstung mit 15 000 Bäumen.

Zur Verbesserung der Stabilität wurden 25 m tiefe Drainagebohrungen mit insgesamt rund 300 Schächten durchgeführt, um das Wasser gezielt aus dem Untergrund zu leiten und die Hangbewegungen zu verlangsamen. Riesige Mengen an Material aus dem Erdstrom mussten verbracht werden und wurden teilweise auch zur Dammkonstruktion verwendet. 

Die kontinuierliche Wartung und Überwachung des Systems sind essenziell: Gerinne müssen jährlich mehrmals über Wochen hinweg freigebaggert werden, da sie sich rasch mit Sedimenten füllen. 

Die Exkursion verdeutlichte eindrucksvoll, wie komplex und langwierig das Management aktiver Massenbewegungen ist – und wie wichtig rechtzeitige, koordinierte Eingriffe in kritischen Zonen sind.